Orgeln haben in Europa eine große Tradition. Gerade der deutsche Kulturkreis bestach und besticht bis heute durch hohe Qualität. Das gründet in der Weiterentwicklung innovativer Technologien durch enge Verbindungen innerhalb der Fachkreise. Außerdem gilt bis heute der Grundsatz, mit Eifer und Fleiß solide Instrumente zu erbauen, die den Ruf und den Namen des Erbauers ehren.

Im technischen, vor allem aber im klanglichen Bereich entwickelte sich über die Jahrhunderte regional eine wunderbare Vielfalt. Auch heute noch zeugen Instrumente großer Meister davon. Ob Gruol, Goll, Weigle oder Walcker: Dank deren Arbeit darf man im Orgelbau erst den Begriff süddeutsche „Tradition“ verwenden.

Und dennoch verstehe ich unter dem vielfach verwendeten Begriff keine Schutzmarke. Die Tradition soll die Grundlage für das derzeitige und zukünftige Schaffen im Orgelbau sein. Ich sehe den Erhalt und die Rekonstruktion von historischen Instrumenten als eine der Hauptaufgaben im Orgelbau der kommenden Jahrzehnte.

Bei Neubauten lege ich größten Wert darauf, den Wünschen meiner Kunden Rechnung zu tragen. Nicht die Vorstellungen einer Person allein bringen ein Projekt voran und schaffen letztlich ein Kunstwerk. Kunst entsteht aus dem Dialog. Dazu gehören Gespräche zwischen Sachverständigen, Musikern und Ausführenden. Sorgfältige Vorarbeiten auf gegenseitiger Vertrauensbasis sind eine weitere Grundlage - selbstverständlich ist damit ein gewisser Zeitaufwand und somit auch ein Kostenaufwand verbunden. Angesichts der nahezu unbegrenzten Lebenserwartung einer Orgel muss ein Kostenargument relativiert werden.

Als biblisches Beispiel möchte ich an dieser Stelle auf die Passionsgeschichte verweisen. Da wäscht doch tatsächlich eine Frau mit sehr kostbarem Salböl die Füße Jesu. Die Jünger sind entsetzt darüber- was für eine Verschwendung. Doch Jesus rechtfertigt das Handeln der Frau mit der Aussage, dass das Öl doch ein gutes Werk an ihm gewesen sei. Damit wendet er sich nicht gegen soziales Handeln. Vielmehr unterstreicht er, dass das Eine nicht getan werden dürfe, ohne das Andere zu vernachlässigen.

Das ist ausgesprochen deutlich. Orgeln dienen als Träger des Lobes Gottes. Lassen Sie uns den Wert dessen nicht verkennen!

 

" Wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht eine Gesellschaft bekommen

die von allem den Preis kennt, aber von nichts mehr den Wert."

 

Johannes Rau